Dampflokomotiven
Mit 776 Exemplaren übertraf die mittelschwere Tenderlok fast alle anderen Einheitslokomotiven. Nie wieder wurde in aller Welt eine Tenderlok in dieser Stückzahl gebaut. Auch wenn ihr Lauf im Gleisbogen immer wieder zu Problemen führte und die Vorratsbehälter etwas knapp bemessen waren, so erfüllte die 86 über vier Jahrzehnte die ihr zugedachten Aufgaben im Sauerland und im Bergischen Land, in Schlesien und im Taunus, im Weserbergland und in der Eifel, im Nordschwarzwald und auf der Schwäbischen Alb, im Allgäu und im gebirgigen Nordostbayern, in der Steiermark und in Kärnten, im Thüringer Wald und mit besonderer Verbreitung und Dauer im Erzgebirge.
Der tagtägliche Einsatz der 86 ist eine für den Eisen bahnfreund und für den Heimatforscher lesenswerte Geschichte. Die echte Besonderheit des Abschieds der 86 ist die über eineinhalb Jahrzehnte erstreckte und manchmal fast im Monatstakt variierte Verzahnung in Sachsen zwischen planmäßiger Zugförderung, Heizlokdiensten, Nachnutzung auf einer Kohlenbahn und Sondereinsätzen für Eisenbahnfreunde. Solche Sondereinsätze von erhaltenen und betriebsfähig ertüchtigten 86ern gibt es noch heute – und es gab sie immer wieder in den nun schon 35 Jahren seit dem Erscheinen der Erstauflage dieses Buches.
Andreas Knipping hat das Buch von 1987 und die Auflage von 2008 anhand vieler neuer Forschungsergebnisse vollständig überarbeitet. Das Werk dokumentiert in Wort, Tabelle und mit über 570 Abbildungen auf 400 Seiten den langen Lebensweg der Baureihe 86 und aktualisiert die Chronik des musealen Nachlebens der 13 erhalten gebliebenen 86er.
Vorwort
Entstehungsgeschichte
Deutsche Reichsbahn vor 1945 - Tenderlokentwürfe fürs Archiv
Die Lage der Nebenbahnen in den zwanziger Jahren
Neue Triebfahrzeuge für Nebenbahnen
Die Entwicklung der Baureihe 86
Die verwandten Einheitsbaureihen aus der 15- und 17,5-t-Klasse
Technische Beschreibung
Beschreibung der Ursprungsausführung
Allgemeines
Der Kessel
Die Kesselausrüstung
Der Rahmen
Die Wasser- und Kohlenkästen
Das Laufwerk
Die Zylinder
Das Triebwerk
Die Steuerung
Die Bremse
Die Dampfheizung
Die Schmierung
Die elektrische Beleuchtung
Hauptabmessungen
Das Führerhaus
Erprobung und Bewährung
Versuchsbauarten der DR vor 1945
Vereinfachung der 86 im Zweiten Weltkrieg
Diktat der Einsparung: Die Chronologie der Entfeinerungsanordnungen
Das Kind bekommt seinen Namen: Übergangskriegslok 86 ÜK
Änderungen an den vorhandenen Lokomotiven bis 1945
Weiterentwicklung der Bauart
Deutsche Bundesbahn, Bauartänderungen
Überlegungen zu einer Baureihe 83 als Nachfolgerin
Deutsche Reichsbahn, Bauartänderungen
Die „Ersatz-86“ Baureihe 8310
1’D1’-Vergleichstypen
Deutsche Privat- und Kleinbahnen
Ausländische Staatsbahnen
Tabelle zum Vergleich der technischen Daten
Bewährung und Beurteilung
Beschaffung und Verbleib
Deutsche Reichsbahn bis 1945
Deutsche Reichsbahn Westzonen, SWDE, Saarbahnen und Deutsche Bundesbahn
Deutsche Reichsbahn Sowjetzone bzw. DDR und Berlin
Ausland
Einzelverzeichnis
Einsatz bei den Reichs- und Bundesbahndirektionen
Augsburg
Berlin
Breslau
Cottbus
Danzig
Dresden
Erfurt
Essen
Frankfurt (Main)
Greifswald
Halle
Altona/Hamburg
Hannover
Karlsruhe
Kassel
Köln
Königsberg
Linz
Magdeburg
Mainz
München
Münster
Nürnberg
Oldenburg
Oppeln
Osten
Posen
Regensburg
Schwerin
Stettin
Stuttgart
Trier/Saarbrücken
ViIIach
Wien
Wuppertal
Privat- und Industriebahnen
Einsatzgeschichte Ausland
Österreich
Tschechoslowakei
Polen
Sowjetunion
Leben nach dem Leben: Erhaltene 86er in einem halben Jahrhundert konservierender und aktivierender Ehrenarbeit
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
„Mit dem vorliegenden Buch beschreibe ich die technische Entwicklung und den Betriebseinsatz der 776 Nebenbahntender¬lokomotiven der Baureihe 86 von den zwanziger Jahren bis 1987. Mit der 86 wird eine Lokomotive vorgestellt, von der Sensationen nicht zu berichten sind. Sie war nicht die Stärkste und nicht die Schnellste, gewiß auch weder die Beste noch die Schlechteste. Auch besondere Schönheit hat ihr noch niemand zugeschrieben, kein Spitzname und keine Legende haben sich mit ihr verbunden. Ihre Geschichte führt mitten hinein in den Alltag der Eisenbahn, abseits der vielbefahrenen Hauptstrecken, der großen Schnellzüge und der technischen Pioniertaten. In den Alltag einer Eisenbahn, die nach dem Ersten Weltkrieg unter schwierigen Bedingungen sparen und modernisieren mußte und dafür zukunftsweisende technische Konzepte entwarf, einer Eisenbahn, die später von den Plänen der nationalsozialistischen Machthaber beeinflußt wurde – und an deren Verwirklichung großen Anteil hatte, die hernach mit schweren Zerstörungen und mit der Teilung des Landes fertig zu werden hatte und die schließlich in der Konkurrenz zu anderen Verkehrsträgern mancherorts mit Mühe standhalten konnte, anderswo aber weichen mußte. Der Alltag auf den Nebenbahnen war in den beschriebenen sechs Jahrzehnten von gegensätzlichen Umständen geprägt: War zeitweise der Verkehr von Gütern und Fahrgästen mit den vorhandenen Betriebsmitteln kaum zu bewältigen, so lag im anderen Falle gerade im Ausbleiben der Kunden das Problem. Benutzte der Fahrgast in guten Zeiten als Ausflügler, Tourist oder Eisenbahnfreund die Nebenbahn zum Vergnügen, so zwängte er sich in Kriegs- und Nachkriegszeit als Soldat oder Schichtarbeiter müde und mit hungrigem Magen nur wider Willen auf die überfüllten Holzbänke altersschwacher Wagen.“
Diese Zeilen aus dem vor mehr als 35 Jahren verfassten Vorwort zur ersten Auflage meiner „86“ können auch der wiederholten Neuauflage vorangestellt werden. Der Zeitabstand wird hingegen deutlich aus den damals formulierten Sätzen:
„Auch 1987 stehen noch einige Loks in beiden deutschen Staaten unter Dampf. Im Erzgebirge wird die 86er auch über museale Einsätze hinaus noch immer im regelmäßigen Betrieb verwendet. So ist der persönliche Bezug des Lesers zur 86 nicht nur bei den Älteren anzunehmen, die sich vielleicht an einstige Ferienfahrten in den Harz, nach Mecklenburg oder ins Allgäu erinnern, die bei der Durchreise in Friedberg, in Zwickau oder in Wuppertal stets ein paar 86er vor sich hin qualmen sahen, oder die noch Anfang der siebziger Jahre ihre Fotoexkursionen nach Franken oder Sachsen unternahmen, sondern auch bei den ganz jungen Eisenbahnfreunden, die an den Dampfzugfahrten der BD Nürnberg seit 1985 teilgenommen haben, die die betriebsfähige Museums-86er im badischen Albtal besucht haben, oder die auf einer kleinen, weithin bekannt gewordenen Nebenbahn im Erzgebirge noch einen ganz alltäglichen Betrieb mit einer 86er erlebt haben.“
Nun, so ganz jung sind anno 2024 die Eisenbahnfreunde nicht mehr, die ab 1982 an die Strecke Schlettau – Crottendorf pilgerten und sich 1985 an der Reaktivierung der 86 457 anläßlich des Jubiläums „150 Jahre deutsche Eisenbahnen“ begeisterten. Die Lokführer, die in jungen Jahren noch 86er heizten und fuhren, um dann auf E 41 oder V 100 umzusteigen, sind genau wie diese seinerzeit so modernen Maschinen längst nicht mehr aktiv. Und die lebendige Erinnerung an kindliche Ferienreise, Bahndienst oder Fotoerlebnis mit der 86 im einstigen Alltag irgendwo zwischen Sauerland und Schlesien wird immer seltener. Nur noch historischen Charakter hat zum Glück auch die Bezugnahme auf die „beiden deutschen Staaten“. Mein Buch beruhte wie jedes Baureihenporträt dieser Art teilweise auf Sichtmeldungen „von drüben“, auf heimlich gefertigten ¬Fotos vom Reichsbahnbetrieb und auf Briefen voller Betriebsdetails, die ihren Absendern durchaus gefährlich werden konnten. Manche Quelle sollte nicht im Buch genannt werden. Als ich dann am 21. Februar 1988 in einem hierfür reservierten halben Umbau-Vierachser eines Sonderzuges hinter der 86 457 auf der Strecke Neumarkt i. d. Opf. – Beilngries und bei der anschließenden Feier in Neumarkt einen großen Freundeskreis begrüßte, konnte ich die am Entstehen des Buches beteiligten Eisenbahner und Eisenbahnfreunde aus der DDR nur in Abwesenheit ehren.
Man kann es einer nachgeborenen Generation heute kaum mehr begreiflich machen, wie wehmütig-utopisch 1988 der Gedanke an eine Wochenendtour aus Sachsen in die Oberpfalz war. Unter all solchen Umständen war das „alte“ 86er-Buch ein Produkt im geteilten Deutschland – und sind die Neuauflagen 2008 und jetzt 2024 mit all ihren nachgetragenen Reichsbahndaten ein Werk im vereinten Deutschland. Die Richtigstellung der Beheimatungsangaben zur DR nach 1945 verdanke ich so gut wie vollständig den Mitteilungen von Andreas Stange. Ebenfalls wichtig ist der Hinweis, daß die Kapitel zum Verbleib von 86ern in der Tschechoslowakei, in Polen und in der Sowjetunion fast ohne Bezugnahme auf den Wissensstand von 1987 völlig neu geschrieben werden mußten.
Naturgemäß reicht die Neubearbeitung eines solchen Buches nach Jahrzehnten über die Integration zwischenzeitlich erforschter Daten hinaus.
Erfreulicherweise hat es seit 1987 immer betriebsfähige Exemplare der 86 gegeben, deren weiteren Werdegänge selbstverständlich fortgeschrieben werden. Straffungen waren in den Kapiteln zur Entstehung der 86 und zum Übergang in ihre Kriegsproduktion möglich.
Die Erstauflage hatte zum Ausgleich ¬eines noch bestehenden Mangels an Geschichtsschreibung zur Reichsbahnzeit recht breit die Entwicklung der Einheitslokomotiven und die politischen Einflüsse auf das Einheitsprogramm ab 1933 beschrieben. Inzwischen liegt hierzu längst fundierte Literatur vor, allen voran die Werke von Dr. Alfred B. Gottwaldt, der leider viel zu jung 2015 verstorben ist. Gleiches gilt für den mühsamen Neubeginn des Eisenbahnwesens in der sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR, der in den beiden von Robin Garn redigierten Bänden „Reichsbahn ohne Reich“ detailreich beschrieben ist.
Selbstverständlich ergeben sich bei einer genauen Durchsicht nach Jahrzehnten fast zahllose stilistische Verbesserungen und Korrekturen. Auch manche Sachaussagen sind nach diesen vier Jahrzehnten der unermüdlichen eisenbahngeschicht¬lichen Arbeit präzisiert oder geändert. Ein großer Teil der Bilder ist ausgetauscht. Viele Bildtexte sind ausführlicher und ¬genauer gefasst. Insofern kann dem Besitzer der Altauflage eine Ersatzbeschaffung durchaus empfohlen werden.
Eichenau, im Oktober 2024, Andreas Knipping
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