Eisenbahn-Bildbände
Am 15. Mai 1933 nahm der dieselelektrische Schnelltriebwagen, der „Fliegende Hamburger“, zwischen Berlin und Hamburg den planmäßigen Dienst auf. Mit einer mittleren Reisegeschwindigkeit von 125,6 km/h war er dereinst der schnellste planmäßige Zug der Welt. In den Folgejahren wurde das Schnelltriebwagennetz massiv ausgebaut, das nahezu alle wichtigen Städte in Deutschland miteinander verband. Bequem, behaglich, wohlversorgt und blitzschnell am Ziel, lautete die Devise. Mit Beginn des Sommerfahrplans 1939 umfassten die FDt-Kurse insgesamt 32 Verbindungen, die mit den Zügen der Bauarten „Hamburg“, „Leipzig“, „Köln“ und „Berlin“ bedient wurden. Weitere waren in Planung, bis der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs dem SVT am 1. September 1939 ein jähes Ende ereilte.
Nach dem Krieg fanden die Züge zunächst noch für das von der DB neu eingerichtete F-Zug-Netz Verwendung. Aufgrund der rasanten Entwicklung genügten sie bald nicht mehr den Anforderungen und wurden durch moderne Triebwagen abgelöst. Auch gelangten einige SVT bei der DDR-Reichsbahn zum Einsatz.
In aussagestarken und atmosphärisch dichten Bildern und Dokumenten wird die kurze SVT-Ära in Deutschland nachgezeichnet.
- Vorwort
- Kruckenbergs Propellerwagen
- Der „Fliegende Hamburger“ kommt
- Steiler Aufstieg, jähes Ende
- Die Realität der deutschen Teilung
- Schnelltriebwagen bei der United States Army
- Einsätze bei Bundesbahn und DDR-Reichsbahn
- FDt-Verbindungen mit Schnelltriebwagen
- Der SVT-Verkehr im Schnellüberblick
- Der SVT als Medienstar und Aushängeschild
- Quellenverzeichnis
Ein spektakulärer Erfolg war den Schnelltriebwagen der Deutschen Reichsbahn in den Jahren 1933 bis 1939 beschieden. Just im Jahr der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten sollte am Morgen des 15. Mai 1933 um 8.02 Uhr der „Fliegende Hamburger“ vom Lehrter Bahnhof in Berlin zur ersten planmäßigen Fahrt nach Hamburg aufbrechen und schrieb damit Eisenbahngeschichte. Der auf eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ausgelegte SVT 877 a/b wurde zum Inbegriff des schnellen Reisens auf Schienen. Nirgends sonst gab es zur damaligen Zeit eine vergleichbare Zugverbindung. Die Distanz von 287 km zwischen Berlin und Hamburg bewältigte der Triebzug in nur 138 Minuten mit einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von sensationellen 125,6 km/h. Diese Bestmarke sorgte ganz im positiven Sinne für reichlich Schlagzeilen.
Ein wichtiger Impulsgeber war der durch einen Propeller angetriebene „Schienenzeppelin“. Mit diesem simplen Propellerwagen war es seinem Schöpfer Franz Kruckenberg bereits am 21. Juni 1931 gelungen, auf der Strecke Hamburg – Berlin mit 230,2 km/h den Weltrekord für Schienenfahrzeuge aufzustellen. Aufgrund des ungewöhnlichen Antriebs für den regulären Zugbetrieb kaum geeignet, war er für die Reichsbahn dennoch Anstoß genug, mit der Entwicklung des „Fliegenden Hamburgers“ neue Wege zu beschreiten. Nur zwei Jahre nach Einführung des „Fliegenden Hamburgers“ folgte der kontinuierliche Ausbau eines von Berlin ausgehenden SVT-Netzes.
Die „Fliegenden Züge“ sollten bald schon nahezu alle wichtigen Städte in Deutschland erreichen: Angefangen beim „Fliegenden Kölner“ am 1. Juli 1935 zwischen Berlin und Köln, entstanden bis zum 15. Mai 1939 mit der Verbindung Hamburg – Dresden innerhalb von nur knapp vier Jahren insgesamt 19 FDt-Verbindungen. Dafür beschaffte die DR in der Hauptsache zwei- und dreiteilige dieselelektrische und dieselhydraulische SVT-Einheiten. Bis schließlich vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs alle Verbrennungstriebwagen von einem auf den anderen Tag aufs Abstellgleis mussten und damit der Betrieb des überaus erfolgreichen Schnelltriebwagennetzes mit einer Tagesleistung von 18.824 km ein abruptes Ende nahm – fortan zählte einzig das Spritsparen für Hitlers Kriegsmaschinerie.
Unmittelbar nach dem Krieg waren die Schnelltriebwagen zunächst den Einsätzen durch die alliierten Siegermächte vorbehalten, ansonsten ging die Wiederbelebung des zivilen Schnelltriebwagenverkehrs in Ost- und Westdeutschland getrennte Wege. Bei der Bundesbahn standen die letzten Fahrzeuge bis Ende der fünfziger Jahre im regulären Dienst und bei der Reichsbahn bis Ende der siebziger Jahre.
Möge dieser Bildband die kurze, vom Krieg ausgebremste Ära der Schnelltriebwagen in Deutschland aufleben lassen und in Zeiten von Corona für ein bisschen Zerstreuung in den für uns alle nicht ganz einfachen Alltag bringen.
Wachtberg, im Januar 2022 Udo Kandler